• Freitag, 01 März 2024
Fraktionsvorsitzender CDU Stadtratsfraktion Düren

Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der Dürener CDU Stadtratsfraktion zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2024/25

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren des Rates,

sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,

werte Gäste,

„Keine Zukunft vermag gutzumachen, was du in der Gegenwart versäumst.“

(Albert Schweitzer, deutsch-französischer Theologe, Arzt und Philosoph)

Dieses Zitat Albert Schweitzers weist uns den Weg in der Frage, vor welchen Herausforderungen wir bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes stehen. Weltpolitische Krisen, deren Auswirkungen wir jeden Tag verspüren, angekündigte „Wenden“ und Transformationen, deren Finanzierungsbedarf uns alle schwindelig macht, aber auch Fachkräftemangel sowie eine immer mehr überbordende Bürokratie, das sind die unsicheren exogenen Einflußfaktoren, die uns bei der Verabschiedung dieses Doppelhaushaltes begleiten. Mit anderen Worten: Es gibt sehr viele Unwägbarkeiten, die ganz schnell zu einer deutlichen Verschlechterung der aktuellen Haushaltssituation führen können. 

Der Kämmerer hat in den vergangenen Jahren zugegebenermaßen einen guten Job gemacht, am Ende war jedes Haushaltsjahr nicht nur ausgeglichen, sondern es konnten jeweils Millionenbeträge der Rücklage zugeführt werden. Nach der erfolgreichen Sanierung unseres kommunalen Haushaltes aus eigener Kraft vor über 10 Jahren hat er zwar eine vergleichsweise komfortable Situation vorgefunden. Diese aber in der heutigen Zeit zu bewahren, und das hat er getan, verdient Respekt und Anerkennung.  

Doch wie schaut es mit dem aktuellen Haushaltsentwurf aus? Auf den ersten Blick ist alles gut, aber schaut man näher hin, so muss man erkennen, dass dieser Doppelhaushalt in keinem der beiden Jahre wirklich strukturell ausgeglichen ist, zwischen Erträgen und Aufwand klafft in beiden Jahren eine Differenz in Millionenhöhe, die nur durch eine Ausschüttung des Gewinnvortrages bereinigt wird. Das kann man machen, einmal, zweimal, auch dreimal, aber recht schnell funktioniert dieser Griff in die Trickkiste nicht mehr, weil der Gewinnvortrag aufgebraucht ist und damit nicht mehr zur Verfügung steht.

Und auch wenn sie den vollständigen Abbau der Liquiditätskredite wie eine Monstranz vor sich hertragen: Tatsächlich steigen die Gesamtverbindlichkeiten der Stadt durch den starken Anstieg der Investitionskredite mit diesem Doppelhaushalt erstmalig wieder seit Jahren und werden Ende 2025 nach den Planungen der Verwaltung bei über 250 Mio. € liegen, ein neuer Rekordwert und eine große Hypothek für unsere Nachkommen! 

Wir sehen darin den Anfang vom Ende eines ausgeglichenen Haushaltes, und deswegen haben wir den Haushalt auf zusätzliche Sparpositionen hin abgeklopft, haben auch noch ein wenig „Fett“ gefunden, ohne unseren Gestaltungsanspruch zu vernachlässigen. Mit anderen Worten: Wir wollen in der Gegenwart nichts versäumen! Denn die Fehler von heute führen ohne Gegensteuerung zu den Steuer- und Abgabenerhöhungen von morgen, und das wollen wir unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht zumuten!

Was haben wir gemacht? Zuerst haben wir den Stellenplan sehr kritisch unter die Lupe genommen. Denn mit besonders großen Sorgenfalten beobachten wir den doch sehr deutlichen Personalaufwuchs der vergangenen Jahre. Während der Stellenplan des Doppelhaushaltes 2020/21 noch 908 Stellen (VZA) auswies, so sieht der vorgelegte Stellenplanentwurf 1.060 Stellen vor. Das sind über 160 zusätzliche Stellen oder anders ausgedrückt: das ist ein zusätzlicher Aufwand von über 14 Mio. Euro, wenn man von durchschnittlich 90.000,-- € Bruttopersonalkosten je Stelle ausgeht. Und das ist eher noch vorsichtig gerechnet. Rechnet man die anteiligen Sachkosten in Höhe von 25 % je Stelle hinzu, so macht dieser Stellenzuwachs eine zusätzliche Belastung in Höhe von etwa 17,5 Mio. € pro Jahr gegenüber 2021 aus. Geld, das die Dürener Bürgerinnen und Bürger erst einmal erwirtschaften müssen.

Bei den zusätzlichen Stellen im Stellenplanentwurf sind viele dabei, die wir mittragen, sei es bei den KITAs oder beim Rettungsdienst. Aber das Stellenplus in der Kernverwaltung einschließlich der Personalreserve ist uns viel zu hoch. Hier fehlt eine Aufgabenkritik. Wir glauben, dass durch eine effiziente Organisationsstruktur und durch eine Überprüfung der Stellenbeschreibungen sowie durch vermehrte Nutzung von digitalen Prozessen die Aufgaben auch von den vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen werden können. Daher schlagen wir vor, auf 18,5 der vorgesehenen neuen Stellen zu verzichten, was alleine einer finanziellen Entlastung in Höhe von 1,6 Mio. € gleich kommt und uns auf dem Weg, einen wirklich strukturell ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden, einen großen Schritt näher bringt! Umgekehrt fehlt uns aber nach wie vor eine Anhebung der Wertigkeit der Ingenieursstellen in den technischen Fachbereichen, um einer Abwanderung guter Fachkräfte vorzubeugen.

Doch wo setzen wir mit unseren Änderungsanträgen für den konsumtiven Bereich des Haushaltes unsere Schwerpunkte? Besonders wichtig ist uns die Förderung des Ehrenamtes, ob im Sport oder in der Kultur, ob bei der Jugend oder der Brauchtumspflege, ohne das unsere Stadtgesellschaft sehr viel ärmer wäre! Und was passiert, wenn man diese Förderung schleifen lässt, sehen wir leider an dem Musterbeispiel „ENDART“, die von der Jugend unserer Stadt schmerzhaft vermisst wird und deren Untergang die „Bunte Koalition“ zu verantworten hat. 

Umso wichtiger ist es, die bestehenden Strukturen in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen und den Vereinen über den bisherigen Rahmen hinaus einen Inflationsausgleich zukommen zu lassen. Warum dann aber ein Verein gleich eine dreifache Erhöhung seines Zuschusses erhalten soll, wie in der Änderungsliste der Koalition vermerkt, erschließt sich uns nicht, daher haben wir bei dem Verein „Goldrute“ nur eine Erhöhung auf 30.000,-- € vermerkt.

Nachvollziehen können wir hingegen die neu angemeldeten Bedarfe der „Aktion Lebensfreude“ sowie der Lebensmittelausgabe St. Joachim, die wir neu mit 30.000,-- € bzw. 20.000,-- € unterstützen wollen.

Nachvollziehen können wir auch die Sorgen der Schausteller angesichts der jüngsten Standgelderhöhungen für die Annakirmes. Um auch in Zukunft eine attraktive Kirmes zu zivilen Preisen für die Bevölkerung anbieten zu können, beantragen wir hier eine jährliche Entlastung in Höhe von 50.000,-- € als Zuschuss zu dem gestiegenen Kostenblock für die Sicherheit dieser Veranstaltung. 

Weiterhin stehen wir dafür ein, mehr „Demokratie vor Ort“ zu wagen und die Souveränität der Bezirksausschüsse durch die Einführung von „Stadtteilbudgets“ zu stärken, über welche jeweils eigenständig verfügt werden kann.

Überrascht und zustimmend zugleich haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung auf Initiative der Grünen in diesem Jahr ein Förderprogramm „Jung kauft Alt“ auflegen will. Als wir dies vor zwei Jahren als kommunales Programm für unsere Stadt vorgeschlagen hatten, war die Koalition dagegen – mit den Dürener Grünen an der Spitze. Um dieses löbliche Bundesprogramm flankieren zu können, möchten wir abermals Mittel hierfür in den Haushalt einstellen. 

Die Schaffung weiterer KITA-Plätze und der OGS-Ausbau hat auch für uns oberste Priorität. Und auch wenn Sie unserer Forderung nach der Aufstellung eines OGS-Masterplans nicht gefolgt sind, so nehmen wir doch erfreut zur Kenntnis, dass hier im Haushalt 25.000,-- € jährlich für Pläne und Gutachten vorgesehen sind, auch wenn das Kind einen anderen Namen trägt. 

Verwaltungsseitige Kürzungen bei der laufenden Straßenunterhaltung sind wir nicht bereit mitzutragen, wir stehen für Werterhaltung und gegen Substanzverlust, denn der ist eine Hypothek auf die Zukunft.

Mehr Werterhaltung stellen wir uns auch bei den städtischen Brunnenanlagen vor. Deswegen sieht unsere Änderungsliste eine Erhöhung der investiven Komponenten Tiefbau vor, um schon in diesem Jahr mit der Generalsanierung der vielen desolaten Brunnenanlagen in unserer Stadt beginnen zu können. Denn die zunehmende Verwahrlosung dieser öffentlichen Anlagen stößt vielen Bürgerinnen und Bürgern zurecht sauer auf.

Ein Punkt, an dem wir mit der Koalition überhaupt nicht zusammen kommen, ist die Verkehrspolitik. Sie hinterlassen auf unseren Verkehrswegen überall deutliche Bremsspuren, mehr noch, sie sind das Cholesterin in den Lebensadern unserer Stadt. Ob es Fahrspurreduktionen sind, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit oder neue absolute Halteverbotsschilder, die auf einmal inflationär das Erscheinungsbild unserer Innenstadt bereichern, überall wo es geht, wird versucht den Individualverkehr auszubremsen. Und parallel dazu erhöht die Verwaltung gleich einmal den Einnahmen-Ansatz für Verwarngelder, ein besonders einfacher Weg, wenn man neue Einnahmequellen sucht. Das Rumoren darüber in der Stadtgesellschaft wird zu Recht spürbar lauter, und den von den Nachwirkungen der Pandemie und der aktuellen Wirtschaftskrise arg gebeutelten Gastronomen, Einzelhändlern und Marktbeschickern wird damit zusätzlich das wirtschaftliche Überleben schwer gemacht.

Daher lehnen wir auch den Umbau der Aachener Straße für 1,7 Mio. €, den nochmaligen Umbau des Europaplatzes für 450.000,-- € sowie den nicht notwendigen Umbau des Parkplatzes Nippesstrasse für 870.000,-- € ab. 

Wir stehen für eine Wahlfreiheit bei der Benutzung des geeigneten Verkehrsmittels durch die Bürgerinnen und Bürger. Der Kampf gegen ein bestimmtes Verkehrsmittel dagegen gehört nicht zu unserem Instrumentenkasten. Vielmehr ist es notwendig, den Radverkehr in unserer Stadt durch die Schaffung von Wegen abseits der Hauptverkehrsstraßen attraktiver zu machen, denn nur dort fühlt sich der Radfahrer sicher. Daher wollen weiterhin den Ruruferradweg in das Radroutennetz aufgenommen wissen und haben 4,5 Mio. € für den Bau einer separaten Fahrradbrücke über die Rur incl. Anrampung und Gleiskreuzung im Bereich zwischen Tivoli- und Aachener Straße in unseren Änderungsantrag mit eingesetzt.

Große Sorgen bereitet uns der Hochbau. Hier gelingt es offenbar nicht, die durchaus vorhandenen PS auf die Straße zu bringen und das Bauvolumen zu erhöhen. Vor zwei Jahren haben wir uns über die zusätzliche Gründung einer Stadtbaugesellschaft gestritten, die dann mit ihrer Mehrheit durchgesetzt wurde. Heute sind wir zwei Jahre weiter und was ist bisher passiert: nichts außer der notariellen Gründung und der Anmietung von Räumlichkeiten im Telekomgebäude. Weitere Mittel für die „stadtbuild“ sind im Haushalt auch nicht vorgesehen. 

Auch wenn jetzt zur konstituierenden Aufsichtsratssitzung eingeladen ist, wir zweifeln nach wie vor daran, dass dies die richtige Entscheidung war und sind gespannt, wie es weiter geht.

Dabei gibt es viel zu tun: KITAs, der OGS-Ausbau, Turnhallensanierung oder als teuerstes Projekt in der bisherigen Stadtgeschichte der Neubau der Feuerwache. Und mit dem Ankauf des Telekom-Gebäudes muss auch das Projekt „Technisch-Soziales Rathaus“ eine vollständige Neubewertung erfahren, daher sollte man diese Mittel im investiven Teil des Haushalte streichen. Damit gewinnt man auch freie Ressourcen für andere Bauprojekte, die unbedingt vorgezogen werden müssen, sei es der Umbau der Hovener Turnhalle zu einer Mehrzweckhalle, der Ersatzneubau der Matthias-Claudius-Schule in Birkesdorf (macht viel mehr Sinn als „Containersanierung“), die dringend notwendige Ertüchtigung des Bürgerhauses Lendersdorf oder die überfällige Sanierung des Lehrschwimmbeckens Merken.

Der Stadtteil Merken ist ohnehin in den letzten Jahren zu kurz gekommen. Um die immer wieder hinaus geschobene Realisierung der Dorfentwicklungspläne endlich umzusetzen, ist eine Erhöhung der dafür notwendigen Mittel erforderlich.

Interessant sind für alle Beobachter ihre Verrenkungen in Sachen Sportplätze. Nicht zuletzt unserem Druck ist es wohl zu verdanken, dass auch die Koalition auf einmal Mittel für einen weiteren Kunstrasenplatz in Merken (wenn auch ohne Inflationsausgleich) sowie für die Ertüchtigung der Westkampfbahn bereitstellen will, wogegen sie sich bisher aus was für Gründen auch immer gesträubt haben. Die Echtzer sollen nun zumindest mit einem Bolzplatz beglückt werden, was für uns, aber auch die Sportfreunde, nicht mehr als ein Zwischenziel ist, daher sehen wir hier auch einen höheren Mittelansatz vor, um den Sportplatz insgesamt wieder zu ertüchtigen und den Sportfreunden zuzuweisen. Und wenn es nach uns geht, bekommt auch die Borussia Derichsweiler ihre LED-Anlage – gegen den Verzicht auf einen Zuschuss für einen Kunstrasenplatz.

Nicht nachvollziehen konnten wir die Mittelreduzierung bei der „Neuen Mitte Gürzenich“. Offenbar war dies der heimliche Versuch, sich von dem geplanten Mehrgenerationenpark zu verabschieden. Das ist mit uns nicht zu machen, daher sehen wir hier auch wieder den bisherigen Mittelansatz vor. 

Meine Damen und Herren, wir, die CDU-Fraktion, sind immer offen und gesprächsbereit und um die beste Lösung im Sinne der Sache bemüht. Heute treffen wir die haushaltspolitischen Weichenstellungen für die kommenden Jahre. Ich hoffe, dass wir Sie mit unseren guten Argumenten für unsere Änderungsanträge zum Doppelhaushalt 2024/25 und dem dazugehörigen Stellenplan gewinnen können. Und wenn Sie noch schwanken, dann hilft vielleicht wie vor zwei Jahren der Rat eines ehrbaren Sozialdemokraten:

"Es ist keine Schande, wenn man sich überzeugen lässt und das auch zugibt." (Hans Jochen Vogel)

Und wenn Sie sich nicht überzeugen lassen wollen, so haben wir zumindest die Gewissheit dass dies wahrscheinlich der letzte Doppelhaushalt ist, den sie mit ihrer Mehrheit verabschieden können. Denn nach Herbst 2025 dürfte die selbsternannte „Koalition Zukunft“ wahrscheinlich schon wieder Geschichte sein. 

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Stefan Weschke

- Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Düren -